Seit nunmehr über 20 Jahren sammle ich Erfahrung als Schamanin mit europäischem Kontext. Auch bekannt als Hexe. Doch was genau ist das?
"Magie ist die Fähigkeit, Energien willentlich zu beeinflussen."
Letztendlich ist magisches Arbeiten nichts anderes als die Fähigkeit, Energien willentlich zu beeinflussen. Und das wiederum ist nicht viel mehr als ein Bereich der Physik, in dem es aktuell immer neuere Erkenntnisse gibt.
Einst fürchteten die Menschen die Errungenschaften der Medizin genauso, wie heute noch den Schamanismus. Doch wenn man die Mechanismen erst einmal verstanden hat, ist der Unterschied nicht mehr
so groß. Die Arbeit einer Hexe unterscheidet sich nicht von der Arbeit der nativ-amerikanischen Medizinfrauen und Männer, der bulgarischen Babas, südkoreanischen Mudangs, japanische Otoko mikos
oder Onna mikos, der australischen Clever Men und Women. Leider haben wir Europäer den Zugang in die spirituelle Welt durch die Christianisierung stark verlernt, sodass dieser Arbeit oft grundlos
mit Skepsis bis ängstlicher Ablehnung begegnet wird.
Ein Teil meiner Arbeit ist es daher auch, diese tief verwurzelten Vorurteile wieder abzubauen und Menschen den Zugang zu ihrer eigenen Spiritualität zu erleichtern.
Mir ist natürlich klar, dass meine Arbeit für eine ganze Menge Menschen erst einmal ungewohnt erscheint. Jedoch biete ich jedem an, mit mir das Gespräch zu suchen, um Vorurteile abzubauen und Unklarheiten aus der Welt zu schaffen.
Immer wieder zeigt sich, welche stark verwurzelte, christlich geprägte Angst Menschen vor Hexen bzw. vor dem Begriff Hexe haben. Viele setzen Hexe in einen Bezug mit einer Figur namens Satan.
Fangen wir erst einmal mit dem Begriff Hexe an. Das Wort Hexe stammt von dem althochdeutschen Wort Hagazussa. Hag für Hecke und Zussa für Hüterin, Beherrschende und bedeutet grob übersetzt Zaunreiterin. Damit ist eine Person gemeint, die zwischen den Welten sitzt. Das eine Bein in der profanen Welt, das andere Bein in der geistigen Welt.
Eine Hexe ist im Gegensatz zu einer Wicca nicht zwingend eine religiöse Person. Während Wicca eine Glaubensströmung beschreibt, ist die Hexe eher zu betrachten, wie eine archaische Mischung aus Lebensberaterin, Heilerin, Psychologin, Kräuterkundige, Wahrsagerin und Ritualkundige.
Hexen sind weit älter, als die allgemein verbreitetete Definition aus dem Mittelalter. Schon die alten Germanen hatten ihre Völva. Hierbei handelt es sich um eine zumeist weibliche, zauberkundige Personen von hohem Rang. Ihr wurde, wenn sie das germanische Haus besuchte, der mitunter einzige Stuhl als Ehrenplatz angeboten. Sie bekam zu essen und zu trinken und was immer sie wünschte. Wenn sie etwas verlangte, wurde es ihr gebracht.
Im Gegenzug heilte sie die Bewohner des Hauses von körperlichen und seelischen Gebrechen. Einige von ihnen waren Runenkundige, die nicht nur mithilfe von Runen Wahrsagen konnten, sondern sich auch ihrer Magie bedienen konnten. Sicherlich hatten schon damals die Menschen gehörigen Respekt vor ihrer Völva, da diese sich auf Gebieten auskannte, die den meisten anderen Menschen verschlossen blieben. Dafür jedoch fehlte ihr in den meisten Fällen die Zeit, sich mit Ackerbau, Jagd, Handel oder Kriegskunst zu befassen. Sie war eben spezialisiert.
Diese weisen Menschen, die sich mit Magie, Heilkräutern, dem Heilen der Seele, der geistigen Welt und den Schatten auskannten, gab es in der vorchristlichen Zeit in so ziemlich allen Kulturen. Und in den meisten Fällen waren diese Menschen weiblich oder zweigeschlechtlich. Vermutlich wurde die Macht der Frauen einigen Männern zu stark. Anders lässt sich die Entwicklung der abrahamitischen Religionen nicht erklären, wo die gesamte geistige und weltliche Macht letztendlich bei Männern liegt. Diesen Männern waren die Zauberkundigen, wissenden Frauen ein Dorn im Auge. Somit wurden sie dämonisiert und verfolgt, was in der Hexenverfolgung des Spätmittelalters bzw. eher der Renaissance gipfelte.
Noch heute erleben wir, wie Menschen Hexen mit Satan in Verbindung setzen. Uralte Denkmuster und Ängste zeigen sich hier, die jegliche Offenheit und Klarheit blockieren.
Satan entspricht dem christlichen Glaubensbild, in der einer schöpferischen Allmacht eine zerstörerische, bösartige Macht gegenübersteht. Zerstörung jedoch ist nicht bösartig. Zerstörung ist neutral. Denn würde nie etwas Altes zerstört werden, wäre kein Raum mehr für Neues.
Auch Magie ist nicht böse. Magie ist neutral. Sie lässt sich mit Strom vergleichen. Wir können mit Strom einen Menschen töten, denken wir nur an den elektrischen Stuhl. Wir können mit Strom aber auch Leben retten, wenn wir hier an einen Defibrillator denken.
Ebenso wie Magie ist Strom vor allen Dingen an seinen Auswirkungen wahrnehmbar. Wir können ihn in den meisten Fällen (abhängig von der Stromstärke und der Sensibilität des betreffenden Menschen) nicht direkt hören, sehen, riechen oder schmecken.
Letztendlich ist Magie vermutlich am ehesten so etwas wie wünschen, nur zielgerichteter. Ich teile dem Universum mit, dass ich etwas erreichen möchte. Dass ich meine Energie in eine ganz bestimmte Richtung lenken möchte. Entweder das von mir gewünschte Ziel ist für mich vorgesehen, oder das Universum hat andere Pläne. Inwieweit ein magisches Ritual gut und sinnvoll ist, hängt davon ab, wie gut die betreffende Hexe sämtliche mögliche Konsequenzen mit in ihre Überlegungen bezüglich ihrer Zaubers einbezogen hat.
Einige Hexen, aber definitiv nicht alle, beherrschen auch Wahrsagung. Dabei ist auch Wahrsagung nichts schlimmes. Wahrsagung ist genau das was der Begriff aussagt. Die Wahrheit sagen. Die Wahrheit über die Vergangenheit des Betreffenden, die Gegenwart, die aktuellen Umstände und die aufgrund dessen sehr wahrscheinliche Zukunftsentwicklung. Es obliegt der Erfahrung und dem Urteilsvermögen der Wahrsagerin bzw. des Wahrsagers, inwieweit es für die betreffende Person wichtig ist, was laut ausgesprochen wird. Manche Entwicklungen sollten bekannt sein, damit die Person endlich anfängt, über ihr Leben nachzudenken und Zusammenhänge besser zu begreifen. Andere Wahrheiten bleiben besser unausgesprochen, weil die betreffende Person möglicherweise noch nicht weit genug entwickelt ist, um zu verstehen, dass es in der Welt nichts Böses gibt, sondern nur Herausforderungen, die gemeistert werden wollen. Lernaufgaben des Lebens.
Wer sich bis hierhin durchgelesen hat, kommt vermutlich auch zu dem Schluss, dass Hexen nur bedingt etwas mit den Figuren aus dem Märchen zu tun hat. Wolf Dieter Storl hat in einigen seiner Bücher aufgeführt, inwieweit es zwischen uralten Göttinnen und Märchenfiguren , wie zum Beispiel Frau Holle oder der Baba Yaga Parallelen gibt. Auch in den Märchen selbst, in der Handlung, sieht er eine spirituelle Entwicklung. Die Entwicklung eines Menschen, der bereit sein muss, alles zu geben, seinen Verstand zu leeren und offen zu sein für Neues, um wahre Weisheit empfangen zu können.
Hexen scheinen für viele Menschen eine Projektionsfläche für ihre Urängste darzustellen. Das ist soweit in Ordnung. Was jedoch nicht in Ordnung ist, wenn diese Angst die Antriebsfeder ist, andere Menschen, die mit sich im Reinen sind und kein Problem mit dem Begriff und der Person einer Hexe haben beziehungsweise sich für Hexenkunst interessieren, anzugreifen, lächerlich zu machen, oder gar als bösartig, teuflisch, dämonisch herabzuwürdigen.