Jeden Tag regen wir uns über all die schrecklichen Ereignisse auf. Über Kriege, Ausbeutung, Gewalt, Terror, Unterdrückung, Missbrauch, Verstümmelung. Über Ohnmacht. Ereignisse die unendlich weit weg sind und die wir kaum bis gar nicht beeinflussen können.
Alles was wir uns wünschen, ist, dass die Welt ein schöner, friedlicher Ort ist. Für uns. Für unsere Kinder. Für deren Kinder.
Keine drei Augenblicke später regen wir uns wieder auf. Über Unternehmen, die uns über den Tisch ziehen, zu schnelle Autofahrer, zu langsame Autofahrer, Fahrradfahrer auf der Straße, Fahrradfahrer auf dem Gehweg, Fahrradfahrer auf dem Radweg, Fußgänger die nicht aufpassen, Fußgänger die zu sehr aufpassen und dabei zögerlich sind. Über den Partner, der zwar gekocht, aber nicht geputzt hat oder etwas hat fallen lassen und sei es ein Termin. Über den Freund der zu spät kam, die Eltern, die zu (anti-)autoritär waren oder sind, den Chef, die Kollegen, die Untergebenen.
Diesen geballten Ärger lassen wir dann an der anderen Person aus. Ist diese nicht verfügbar, muss gegebenenfalls eben jemand anderes dafür herhalten und sei, es, weil dieser Mensch nur komisch geguckt hat oder zur falschen Zeit am falschen Ort war. Vorzugsweise eindeutig Schwächere (gerne auch die eigenen Kinder).
Habt ihr schon mal daran gedacht, nachsichtig zu sein? Ich höre schon die Antwort: "Der Klügere gibt nach, aber weil er immer nachgibt, gewinnen die Dummen."
Hat euer ärgern denn jemals etwas Gutes bewirkt? War der Partner je aufmerksamer, weil ihr ihn angemotzt habt oder die Kinder entspannter nach dem Anschiss?
Alles was passiert ist, ist, dass das schlechte Gefühl weiter gegeben und Macht demonstriert wurde.
"An Zorn festhalten ist wie Gift trinken und erwarten, dass der Andere dadurch stirbt."
– Buddha
Ich bediene mich gerne der Zen-Geschichte vom leeren Boot. Die Wahrscheinlichkeit, das genau mir geschadet werden soll, ist meist ziemlich gering. Die meisten Menschen haben nicht mich, sondern sich selbst im Blick. Und wenn ein Mensch genau mir schaden möchte, dann mag es mir zur Ehre gereichen, dass er so viel seiner kostbaren Lebenszeit und Energie an mich verschwendet.
Wenn dann der Zorn verraucht ist, erst dann sollte ich handeln. Und zwar so, dass es zum Besten Aller ist. Denn sonst bin ich nicht besser als derjenige, über den ich mich aufrege. Egal ob er Kriege schürt oder sein Kind anbrüllt.
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Sascha (Donnerstag, 12 Oktober 2017 14:04)
Hi,
Ich halte mich da doch lieber an das, was gemeinhin Karma genannt wird. Wenn mich jemand aufregt, schlecht behandelt, so weiß ich doch, mein Zorn bewirkt selten etwas. Manchmal zwar schon, und zwar wenn ich versuche Schaden abzuhalten, indem ich jemand Zornigen meinen Zorn entgegenschleuder, so das er einhält. Aber es bringt nichts den vermeintlich zu langsam fahrenden Autofahrer vor mir zornig zu sein, nur weil ich von jemand anderen in einem Termin aufgehalten wurde.
Auch weiß ich: Mein Zorn bringt keine Gerechtigkeit. Was ich aber weiß: Menschen die Ungerechtigkeit in die Welt hinaus tragen, werden eines Tages auch gerecht behandelt. D.h. das Karma schlägt zu und sie bekommen eine entsprechende Rückmeldung über ihren Lebensstil.
Felis Efeutraum (Donnerstag, 12 Oktober 2017 15:59)
letztendlich wird das Karma uns auch die Rechnung präsentieren, welche je nach Art unserer Lebensführung ein Haben oder ein Soll aufweist. Eine Rechnung, der keiner entkommt. Mir geht es mit diesem Beitrag darum, Zorn fahren lassen zu können. Sozusagen ein Mittel der Impulskontrolle, wenn man so will.
Eva (Freitag, 08 März 2019 10:22)
Zorn ist sinnvoll, wenn es um Abgrenzung geht.
Felis Efeutraum (Dienstag, 26 März 2019 10:28)
@Eva Zorn ist unüberlegt. Wenn ich mich abgrenze, dann als Konsequenz. Selbstbewusst. Aber nicht im Überschwang von Gefühlen. Da kann man sonst schnell über sein Ziel hinaus schießen.